Wir kennen sie aus Filmen, doch es gibt sie inzwischen auch im Thurgau: Ranger. Ihre Aufgabe ist es, Besuchenden die Besonderheiten des jeweiligen Schutzgebietes und die Konsequenzen von Verhaltensverstössen aufzuzeigen. Dazu das Interview mit Matthias Künzler, Leiter Natur und Landschaft im Thurgauer Amt für Raumentwicklung.
Matthias Künzler, seit wann gibt es Ranger im Thurgau?
“Seit Januar 2021, also seit gut drei Jahren, sind im Thurgau professionelle Ranger im Auftrag des Kantons im Einsatz. Es gab schon davor engagierte Personen, die sich für ein eher symbolisches Entgelt um die Aufsicht in ausgewählten Naturschutzgebieten kümmerten. Es wurde jedoch zunehmend schwieriger, ausreichend Leute für diese anspruchsvolle Aufgabe zu finden. Eine Professionalisierung drängte sich auf.”
Wie viele Ranger sind es aktuell?
“Es sind drei Ranger. Zusammen sind sie pro Jahr über tausend Stunden im Einsatz.”
Haben sie eine spezielle Ausbildung?
“Zwei von ihnen haben die Ranger-Ausbildung in Lyss absolviert. Der dritte verfügt über langjährige Erfahrung als Ranger.”
Wo werden die Thurgauer Ranger eingesetzt?
“Die Ranger sind in besonders wertvollen und gut besuchten Naturschutzgebieten unterwegs. In Gebieten also, wo falsches Verhalten rasch Nachahmer findet und die speziell wichtig sind für den Erhalt von seltenen Arten. Es handelt sich um die Kronjuwelen der Thurgauer Biodiversität. Meist stehen diese Gebiete unter Bundesschutz. Beispiele sind das Ermatinger Ried, die Hüttwiler Seen, der Schaarenwald, das Eschenzer Horn und das Hudelmoos.”
Was sind ihre Aufgaben?
“Die Ranger sensibilisieren die Besuchenden für die Verletzlichkeit der Natur und die Folgen ihres Verhaltens. Die Sensibilisierung steht klar im Vordergrund. Doch es gibt Grenzen: Bei grobem Fehlverhalten und bei wiederholtem Fehlverhalten können die Ranger die Besuchenden auch verzeigen. Nebeneffekt: Dadurch, dass die Ranger häufig vor Ort sind, lassen sich neue Entwicklungen frühzeitig erkennen und Lösungen erarbeiten – zum Beispiel, wenn sich neue Trampelpfade in ökologisch heiklen Bereichen bilden.”
Reichen denn Hinweistafeln nicht?
“Die Hinweistafel sind wichtig, und 95 Prozent der Leute halten sich an die Regeln. Nur wenige tun das nicht, oft mehr aus Unwissenheit als aus Absicht. Ihr falsches Verhalten kann aber schwere Konsequenzen für die Tiere haben. Deshalb sind Ranger in ausgewählten Gebieten eine wichtige Ergänzung.”
Wie reagieren die Besuchenden auf die Präsenz der Ranger?
“Grundsätzlich sehr positiv. Sie schätzen es, dass jemand zum Rechten sieht und die Gründe hinter den Verhaltensregeln erläutert.”
Welches sind die häufigsten Regelverstösse?
“Das hängt vom Gebiet ab. Generell am häufigsten ist das Missachten von Fahrverboten und Hunde, die frei laufen gelassen werden. Dadurch werden wilde Tiere aufgescheucht und fliehen. Das kostet Energie und kann – gerade im Winter – ihr Überleben gefährden. Es kann auch vorkommen, dass die Tiere nicht mehr zum Nest zurückkehren und die Brut oder die Jungtiere verenden. Auch werden offizielle Wege ab und zu verlassen. Dadurch können Tiere gestört oder seltene Pflanzen zertrampelt werden.”
Müssen die Ranger auch schon mal wen verzeigen?
“Das kommt leider vor, insbesondere bei wiederholtem Fehlverhalten. Gründe waren meist freilaufende Hunde oder das Missachten von Fahrverboten.”
Gab es diesbezüglich schon mal einen krassen Fall?
“Mir ist kein krasser Fall bekannt. Ein aussergewöhnlicher Einzelfall war es, als die Ranger im Dickicht auf eine Hütte mit Kochstelle stiessen. Wahrscheinlich steckten Jugendliche dahinter. Sie haben die Hütte dann vollständig zurückgebaut.”
Aufgrund der positiven Erfahrungen: Ist der Einsatz von Rangern in noch mehr Thurgauer Schutzgebieten geplant?
“Seit 2022 haben wir den Einsatz der Ranger aufgrund der positiven Erfahrungen von 950 auf 1100 Stunden pro Jahr erhöht. Es ist nicht ausgeschlossen, dass wir mittelfristig noch das eine oder andere Gebiet dazu nehmen. Wir versuchen dabei, wenn möglich mit den bisherigen Stunden auszukommen.”
Unser Interviewpartner: Matthias Künzler, Leiter Natur und Landschaft im Thurgauer Amt für Raumentwicklung
Kanton Thurgau erhöht sein Engagement für die Biodiversität
Der Regierungsrat des Kantons Thurgau hat die Biodiversitätsstrategie Thurgau und den Massnahmenplan Biodiversität 2023-2028 im Juli 2023 verabschiedet. Damit können in den nächsten Jahren rund 46 Millionen Franken in intakte und vielfältige Lebensräume sowie in ein breites Spektrum an Arten investiert werden. Der Kanton plant Massnahmen im Siedlungsgebiet, im Kulturland, im Wald, an Gewässern und in Naturschutzgebieten.
In den Naturschutzgebieten ist neben den Gemeinden insbesondere der Kanton selber gefragt, wie Matthias Künzler, Abteilungsleiter Natur und Landschaft im Amt für Raumentwicklung erläutert. Obwohl die Naturschutzgebiete die Kronjuwelen für den Erhalt der Biodiversität sind, ist ihr Zustand oftmals nicht so gut wie gewünscht. Deshalb braucht es Aufwertungen – wie beispielsweise am Biessenhofer Weiher bei Amriswil. Im konkreten Beispiel nutzte der Kanton 2023 die Gelegenheit, dass der Weiherdamm ohnehin saniert werden musste. Er schaffte gleichzeitig neue Tümpel und flacht das Dammufer ab. So entstanden neue Lebensräume für Libellen, Krebse, Frösche, Kröten und Molche. Neu steht für solche Aufwertungen mehr Geld zur Verfügung.
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